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katastrophale Songs wie »Paranoid« von Black Sabbath oder
»Shanghai d in Shanghai« von Nazareth. Dazwischen »20th
Century Boy« von T. Rex oder für die, die noch nicht
vollständig taub waren, »You really got me« von den Kinks in
einer scheppernden Liveversion. Vielleicht lag das Scheppern
auch an meinem Schädel, der vom Kreischen und Wummern der
Instrumente langsam Risse bekam.
»Johann!«, schrie ich über den Tresen und stützte mich auf
dem Rücken eines jungen Mannes ab, der unbeweglich vor mir
stand. »Johann Farak!«
»Kenn ich nicht!«, brüllte der Barkeeper. Er war um die
dreißig und hätte der Sohn einiger seiner Gäste sein können.
An der »Schwabinger Sieben« in der Feilitzschstraße, einem
engen, von Rauch und Alkohol und den Ausdünstungen
unsterblicher Helden patinierten Lokal, hatte die
Jahrtausendwende keinerlei Spuren hinterlassen. Nicht einmal
die üblichen Kneipenkiller, die im Auftrag der Stadtverwaltung,
einer Brauerei oder eines Architekturbüros auch in dieser
Gegend Amok gelaufen waren, hatten es geschafft, dieses Relikt
aus den späten Vierzigern zu sanieren, geschweige denn es
verschwinden zu lassen.
Das Einzige, was darauf hindeutete, dass auch hier eine
Gegenwart stattfand, war der Euro, mit dem man neuerdings
seinen Rausch bezahlte.
Mit dem fünften Bier in der Hand, einem Pils aus der Flasche,
quetschte ich mich an der Wand entlang, umzingelt von
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schwitzenden, geröteten Gesichtern. Garantiert sah ich nicht
besser aus.
»Kennst du Johann Farak?«, schrie ich einen Mann an, der
ungefähr so alt war wie ich, genauso unrasiert und seine Haare
zu einem Zopf geflochten hatte.
Er schüttelte den Kopf.
»Ich kenn ihn!«, brüllte mir jemand ins Ohr.
Hinter mir stand ein dürrer Mann um die fünfzig, der eine
krumme selbst gedrehte Zigarette rauchte.
»Was willstn von dem?«
»Ich will ihm sein Geld zurückgeben!«, schrie ich gegen den
Sänger von AC/DC an. Wenn ich gesagt hätte, ich sei von der
Polizei, hätten vermutlich auf einen Schlag hundert Leute das
Lokal verlassen, aus Gründen des Verstoßes gegen das
Betäubungsmittelgesetz, um es geschwollen auszudrücken.
»Glaub nicht, dass der kommt«, sagte der dürre Mann.
Der Zopf meinte: »Kenn ich den?«
»Hanse«, sagte der Dürre. »Du kennst doch den Hanse, mit
dem ich im Baumarkt arbeite. Der Hanse!«
»Der Hanse!«, sagte der Zopf. »Ewig nicht mehr gesehen.
Wieso kommt der nicht mehr?«
»Er ist auch nicht mehr bei uns«, sagte der Dürre und stieß mit
der Zunge die Zigarette von den Lippen. Der Boden war übersät
von Kippen.
»Ist er rausgeflogen?«, fragte ich.
Jetzt fing auch noch »In-A-Gadda-Da-Vida« an.
»Ist einfach nicht mehr aufgetaucht, der Hanse«, sagte der
Dürre. Er klemmte die Bierflasche unter den Arm, zog ein
zerknülltes Päckchen Tabak aus der Hose und rollte sich eine
Zigarette, ungerührt, auch wenn er ständig angerempelt wurde.
Am Ende brachte er ein dünnes verbogenes Ding zustande, von
dem ich fürchtete, es würde sofort vollständig in Flammen
aufgehen, wenn er es anzündete.
»Und wo ist er jetzt?«, fragte ich.
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»Daheim, oder?«, sagte der Dürre.
»Da ist er nicht, ich war ein paar Mal dort.«
»Soll ich euch ein Bier mitbringen?«, fragte der Zopf.
Er sollte. Nach den drei Gläsern Aquavit bei Andrea Langer
hatte ich Durst auf Bier, und je mehr ich trank, desto
eindringlicher standen mir die Begegnung mit dem Mann am
See vor Augen und die Monde danach. Von diesem Schauspiel,
das spürte ich an den Rändern meines wachsenden Rausches,
würde ich noch lange zehren.
»Wo könnte der Hanse sein?«, fragte ich.
»Vielleicht bei seinem Baum«, meinte der Dürre.
»Was für ein Baum?«, fragte der Zopf.
»Der hat einen Baum im Nymphenburger Park, da geht er
immer hin.«
»Und was macht er da?«, fragte der Zopf, der, wenn er nicht
trank, seinen rechten Zeigefinger in den Flaschenhals steckte
und die Flasche an seinem Arm baumeln ließ.
»Weiß ich doch nicht!«, schrie der Dürre. »Ich hab ihn nicht
gefragt, er hats mir von sich aus erzählt. Wahrscheinlich malt er
da, er ist ja Maler, also Künstler & «
»Wann hast du ihn zuletzt gesehen?«, fragte ich.
»Ist übern Monat her«, sagte der Dürre. »Mindestens übern
Monat. Oder? Oder, Karre?«
Karre, der Zopf, zuckte mit den Achseln, zog den Finger aus
der Flasche und trank sie aus.
»Ich hol noch eins«, sagte er.
Später holte ich Nachschub. »In-A-Gadda-Da-Vida«, schien [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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